Tipps für Fachlehrkräfte

Wenn ich von meinem Weg als Lehrkraft berichte, Ideen teile, Impulse zur Beziehungsarbeit gebe oder von Reflexionsmomente mit Kindern spreche, dann bekomme ich oft die Rückmeldung, dass das zwar alles sinnvoll klänge, aber besonders für Fachlehrkräfte, die nur eine sehr begrenzte Zeit pro Woche mit den Klassen verbringen, im Grunde nicht umsetzbar sei.

Darum habe ich entschlossen, einfach mal meine Arbeitsweise als Fachlehrkraft zu teilen.

Ich bin in der Regel als Klassenlehrkraft eingesetzt, habe aber gleichzeitig als Fachlehrkraft in weiteren Klassen Mathematik oder Musik. Auch derzeit bin ich als Musiklehrkraft tätig. In einigen Klassen findet das sogar nur einstündig statt. Und gerne rutschen solche Fächer ja auch in die Randstunden.

Vorweg: Die Beziehung zwischen Klassenlehrkräften und ihrer Klasse ist sicherlich eine andere. Fachlehrkräfte wechseln häufiger und so ergibt sich oft ein „Beziehungsvorsprung“ für Klassenlehrkräfte, die eine Klasse vielleicht länger begleiten. Viele Aktionen wie Ausflüge, Klassenfahrten oder sonstige Aktivitäten, die wichtige Erfahrungen fürs Miteinander sind, finden oft gemeinsam mit der Klassenlehrkraft statt. Und die Klassenleitung ist auch deutlich mehr Unterrichtsstunden mit den Kindern und Jugendlichen zusammen. Dadurch ergeben sich rein organisatorisch andere Möglichkeiten. Hinzu kommt das nagende Gefühl als Fachlehrkraft eigentlich immer allem hinterherzurennen. Seinem Material, der Unterrichtszeit, der Beziehung mit den Schüler*innen oder dem Lehrplan.

1. Qualität vor Quantität – Beziehungsaufbau ist immer möglich

Auch als Fachlehrkraft ist Beziehungsaufbau machbar. Denn es geht dabei nicht immer um die großen Gesten und auch nicht zwingend um die Häufigkeit, in der man sich sieht. Es geht vielmehr um die Art, in der wir uns begegnen.

Ein „Hey, schön euch zu sehen, ich hab mich schon den ganzen Tag auf diese Doppelstunde mit euch gefreut“ ist immer schön – egal, ob es von der Klassenlehrkraft oder der Fachlehrkraft kommt.

Und gerade in so Fächern wie Geschichte, Kunst, Musik o.ä. trifft man nicht selten auf Kinder, die hier ein Spezialinteresse zeigen, dem man versuchen kann, mehr Raum zu geben. So einzelne Fachstunden können sogar manchmal richtig wertvolle Inseln sein. Gerade jüngst kam ein Kind zu mir und sagte: „Ich liebe Musik, da muss man nicht dauernd so viel schreiben, sondern kann auch mal was machen, was nicht so anstrengend ist im Kopf.“

2. Stundenstruktur – Rahmen schaffen

Wenn es nicht gerade um Mathe oder Deutsch geht, ist man als Fachlehrkraft in der Regel nur wenige Stunden in einer Klasse. Derzeit unterrichte ich beispielsweise Musik in einer 2. Klasse und habe da lediglich eine Unterrichtsstunde pro Woche. Aufgrund dieser zeitlich sehr starken Begrenzung und der Tatsache, dass wir die entsprechenden Lerngruppen in größeren Abständen sehen, habe ich festgestellt, wie wichtig es ist gerade als Fachlehrkraft ist, eine verlässliche Stundenstruktur aufzubauen und dabei wiederkehrende Elemente einzubauen. Diese ziehen sich dann ein bisschen wie Brücken durch die einzelnen Stunden und geben einen sichernden Rahmen.

Mein Stundenablauf – Beispiel Fachunterricht Musik

A. Begrüßung und Wetterbericht

Ich beginne meinen Unterricht immer mit einer akustischen Brücke. Es läuft eine entspannte Musik (Mediationsmusik für Kinder oder entspannte Gitarrenmusik). Solange die Musik läuft, ist sozusagen der Übergang von der letzten in die jetzige Stunde. Idealerweise könnte z.B. die vorangegangene Lehrkraft die Musik starten. Wenn ich die Musik langsam leiser drehe, ist das das Signal, um alles bereitzulegen für die Stunde und sich einem Platz im festen Sitzkreis zu suchen. Ist die Musik komplett verstummt, sitzen alle Kinder startklar im Sitzkreis. Dort machen wir nach einer schwungvollen Begrüßung (s.o.) eine kurze Stimmungsrunde.

Das ist Material aus den Karten zu meinem Abschlusskreis, aber diese hier eignet sich auch ganz wunderbar für den Start. Die Karten findet ihr hier.

Jedes Kind sagt nun kurz, wie es sich fühlt oder tippt seinem nächstem Nachbarskind ganz leicht aufs Knie, wenn es heute nichts sagen möchte. Da in der Regel eigentlich alle Kinder sich hier mitteilen möchten, habe ich hinterher einen guten Überblick, wie die einzelnen Kinder so drauf sind und kann kurze wertvolle Bande knüpfen. („Schade, dass du keine so schöne Pause hattest, vielleicht muntert dich unsere Musikstunde ja jetzt wieder ein wenig auf“). Ich mache die Erfahrung, je mehr Momente dafür sorgen, dass Kinder sich erstmal grundlegend gesehen fühlen, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass sie das nicht permanent auf anderem, deutlich herausfordernderen Wegen einfordern. Ich selbst nenne übrigens auch, wie es mir geht. Und mache mich nahbar.

B. Stundenfahrplan

Sind alle Kinder an ihre Plätze zurückgekehrt, folgt der Stundenfahrplan, der einen kurzen Überblick darüber gibt, was in dieser Unterrichtsstunde passieren wird.

Hier seht ihr meinen Fahrplan für Musik. Und hier könnt ihr ihn downloaden. Ich habe ihn in zweifacher Ausführung (weil ich ihn gerne irgendwo hängen lasse) immer einsatzbereit in meiner Tasche. Jetzt haben wir digitale Tafeln bekommen und so werde ich das bald digitalisieren können. Juhu. Wer als Fachlehrkraft sehr viele verschiedene Fächer unterrichtet (was ja an Grundschulen nicht unüblich ist), kann das ganze vielleicht etwas allgemeiner halten.

C. Speziell für Musik – die Klassenhitparade

In meinen vierten Klassen erweitern wir einmal in der Woche die Klasse-Charts. Über die Woche können die Kids Musikwünsche in einer kleinen Kiste sammeln. Ein Lied hören wir pro Woche an und vergeben dann null, einen oder zwei Sterne. Die Lieder mit den meisten Sternen verewige ich in einem Dokument. Außerdem sammle ich die Lieder in einer geteilten Playlist bei Spotify, so dass sich die Kinder diese jederzeit anhören können.

D. Klare Vereinbarungen für den weiteren Unterrichtsverlauf

Wie gehen wir mit Instrumenten um?

Gibt es Zeichen für „Die Instrumente erklingen“ und „die Instrumente sind stumm“?

Haben die Musik-Materialien einen festen Platz, wenn sie gerade nicht zum Einsatz kommen?

Gibt es ein Signal für das Ende der Arbeitsphase?

Welche Vereinbarungen gelten prinzipiell (aufs Klo gehen, trinken etc.)?

Während es durch die häufigeren Stunden als Klassenlehrkraft manchmal leichter ist, einen gemeinsamen Vereinbarungsrahmen so nach und nach wachsen zu lassen und sich immer mal wieder zwischendurch Zeit zu nehmen, Dingen auszuhandeln und zu besprechen, habe ich als Fachlehrkraft gemerkt, dass das durch die begrenzte Unterrichtszeit schnell zu kurz kommt. Hier ist es gut, gerade wenn es um sensibles Arbeitsmaterial wie Instrumente geht, sich vorher schon ein gewisses Fundament zurechtzulegen. Was ist mir in meinem Unterricht besonders wichtig und welche Vereinbarungen und Regeln schaffe ich auch, wirklich konsequent und verlässlich zu berücksichtigen? Sich hier schon zu positionieren bringt von Beginn an eine gewisse Stabilität. Gleichzeitig kann man mit dieser sichernden Grundlage aber auch offen bleiben, Vereinbarungen dann regelmäßig zu reflektieren und mit der Lerngruppe anzupassen oder zu erweitern, wenn nötig.

Kleiner Tipp: Im Übrigen schaue ich gern mit den Kindern mal so ein bis zwei kleine Videos darüber, wie Instrumente hergestellt werden. Und wir sprechen auch darüber, wie viele diese Stücke dann wert sind. In der 3. Klasse verbinde ich das immer mit eigenem Trommelbau. So entsteht eine Idee davon, welchen Wert Instrumente besitzen, wie viel Arbeit in ihnen steckt und warum wir sie darum ganz besonders behutsam behandeln.

E. Abschluss

Das Material findet ihr ebenfalls hier.

Zum Abschluss der Stunde nehme ich mir ein 2-3 Minuten, um nochmal zu resümieren, was heute geschafft wurde, ob es noch etwas zu besprechen gibt und was in der nächsten Stunde anliegt. Dann gibt es die Ruheminute. Ich schlage einen kleinen Gong als Startsignal und dann sitzen wir eine Minute in Ruhe, atmen mal tief ein und aus und beenden so die Stunde. Anschließend packe ich meine Sachen, quatsche meist noch ein paar Worte mit Kindern, die noch Kontakt zu mir suchen und verabschiede mich meist mit den Worten: „Macht’s gut liebe Klasse xy, ich freu mich, euch am … wiederzusehen.“

Aber Moment mal, braucht das nicht unheimlich viel wertvolle Unterrichtszeit?

Alles in allem brauchen meine Rituale in Musik so 10 Minuten. An ganz unruhigen Tagen vielleicht auch mal 15 Minuten. Hat man nur 45-Minuten-Einheiten zur Verfügung, mag das viel erscheinen. Ich habe eine Zeit lang mir mal wirklich die Mühe gemacht und geschaut, wie ich am meisten effektive Arbeitszeit gewinne. Und ich muss sagen, dass es sich absolut rentiert hat, Zeit in Rituale, klare Struktur, Vereinbarungen und Beziehungsaufbau zu investieren. Die Kinder wirken einfach in sich ruhiger, aufnahmebereiter und der stabile Rahmen lässt manche Konflikte erst gar nicht entstehen. Und wenn doch, dann hilft mir ein gut gefülltes Beziehungskonto doch sehr bei der Bearbeitung.

Und denkst du da echt immer dran?

Ich nehme mir in den ersten Wochen viel Zeit, diesen Ablauf einzuhalten. Das ist zugegeben durchaus anstrengend, aber eben sinnvoll investierte Arbeit, die sich für mich sehr auszahlt. Das ist leider auch kein Garant für Unterrichtsstunden, die laufen wie Theaterstücke. Aber das wäre ja auch gruselig. Meine Musikstunden sind weiterhin lebendig. Und es gibt auch Phasen mit Lautstärke. Es hilft, da realistische Ansprüche zu haben. Ein Fach wie Musik geht ja auch kaum in leise. Und ab und an strudelt der Schulalltag auch mal ordentlich und ich muss mal ein Ritual kürzen oder finde nicht die Zeit. Aber diese Momente verzeihen Kinder, wenn eben sonst eine klare Linie da ist. Und auch wenn es im ersten Augenblick gerade meinen Chaosgehirn echt etwas abverlangt, unseren Ablauf verlässlich einzuhalten, so gibt es auch mir als Lehrkraft viel Sicherheit und eine gewisse Ruhe, weil ich, wenn etwas doch mal anders läuft als geplant, feste Punkte im Stundenablauf habe, an denen ich dann wieder anknüpfen und reinkommen kann.

3. Elternzusammenarbeit

Auch die Zusammenarbeit mit Eltern gestaltet sich vielleicht ein klein wenig anders, wenn man als Fachlehrkraft in Klassen unterrichtet. Die Klassenlehrkräfte sind und bleiben sinnvollerweise für die Eltern erstmal der erste Anlaufpunkt. Durch Elternabende und die Organisation des Klassenlebens sind sie meist auch deutlich häufiger im Austausch.

Damit die Zusammenarbeit aber hier nicht „hinten runterfällt“, schreibe ich, wann immer ich eine Klasse (selbst in Fächern wie Musik) neu übernehme, ein paar Willkommensworte. Ich stelle mich aber auch das Fach und die geplanten Inhalte vor.

Liebe Eltern,

ich möchte mich als die neue Musiklehrkraft Ihrer Kinder vorstellen. Ich bin Saskia Niechzial, schon seit 2015 mit Freude Lehrerin an dieser Grundschule. Ich habe die große Freude mit Ihren Kindern während dieses Halbjahrs in das Fach Musik einzutauchen. Heute konnte ich die Klasse bereits kennenlernen und kann sagen, dass mir da sehr liebenswerte und starke Persönlichkeiten gegenübersaßen.

In den kommenden Monaten werden wir natürlich ausgiebig singen und musizieren und uns auch dem klassischen Werkhören annähern. In den nächsten Wochen widmen wir uns beispielsweise dem „Karneval der Tiere“. Ein Thema und Stück, das sich ganz kreativ umsetzen lässt. Außerdem ist geplant, eigene Trommeln zu bauen.

Ein paar Worte zur Leistungsbewertung – Wie Sie wissen, muss ich Ihre Kinder im Fach Musik benoten. Ein kleiner Teil davon wird ein Test im Halbjahr sein, den wir gut vorbereiten und in dem Ihre Kinder sicherlich Ihr Können unter Beweis stellen. Der Großteil ergibt sich aber aus dem laufenden Unterricht. Und da ich bisher noch in jedem Kind Musikalität entdecken konnte, mache ich mir da keine allzu großen Sorgen.

Für Fragen oder Austausch bin ich jederzeit offen.

Mit Vorfreude auf die vor uns liegenden Monate verbleibe ich mit besten Grüßen Saskia Niechzial

Ich hoffe, dass euch diese Einblicke und das Material gefallen und weiterhelfen.

In diesem Sinne Herz zählt!

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